Ein Bernoulli-Prozess oder eine Bernoulli-Kette (benannt nach Jakob I Bernoulli) ist eine Reihe von stochastisch unabhängigen Bernoulli-Experimenten. Bei einem solchen Experiment gibt es stets nur zwei Ausgänge, Treffer oder Niete. Zudem muss die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer, p, und somit auch die für eine Niete, 1-p, bei jedem der Experimente dieselbe sein.
In mathematischer Terminologie ist ein Bernoulli-Prozess also ein zeitlich diskreter stochastischer Prozess, der aus einer endlichen oder abzählbar-unendlichen Folge von unabhängigen Versuchen mit Bernoulli-Verteilung zum selben Parameter
p
∈
[
0
,
1
]
{\displaystyle p\in \left[0,1\right]}
besteht. Das heißt, für jeden der Zeitpunkte 1, 2, 3, … wird „ausgewürfelt“, ob ein Ereignis mit Wahrscheinlichkeit
p
{\displaystyle p}
eintritt oder nicht.
Hier ist ein Beispiel für eine mögliche Realisierung eines Bernoulli-Prozesses; das Symbol ♦ steht für „Ereignis tritt ein“ (kurz „Erfolg“), ◊ für „Ereignis tritt nicht ein“ („Misserfolg“), diese konkrete Folge von Ereignissen könnte z. B. bei
p
=
1
/
3
{\displaystyle p=1/3}
eintreten, sodass „Erfolg“ seltener ist als „Misserfolg“:
◊-♦-◊-♦-◊-◊-♦-◊-♦-◊-♦-◊-◊-◊-◊-◊-♦-◊-◊-◊-◊-◊-◊-◊-…
Der Prozess kann durch eine Folge von unabhängigen Zufallsvariablen
X
1
,
X
2
,
X
3
,
…
{\displaystyle X_{1},X_{2},X_{3},\dotsc }
beschrieben werden, von denen jede mit der konstanten Wahrscheinlichkeit
p
{\displaystyle p}
den Wert 1 (Erfolg) und mit der Wahrscheinlichkeit
1
−
p
{\displaystyle 1-p}
den Wert 0 (Misserfolg) annimmt.
Je nach Fragestellung interessiert man sich für eine oder mehrere der folgenden Zufallsvariablen:
Die Anzahl
S
n
{\displaystyle S_{n}}
erfolgreicher Versuche nach Durchführung von insgesamt
n
{\displaystyle n}
Versuchen; sie folgt einer Binomialverteilung. Es gilt
S
n
=
X
1
+
⋯
+
X
n
{\displaystyle S_{n}=X_{1}+\dotsb +X_{n}}
.
Die Anzahl
T
r
{\displaystyle T_{r}}
von Versuchen, die benötigt werden, um eine vorgegebene Anzahl von
r
{\displaystyle r}
Erfolgen zu erzielen; sie folgt der negativen Binomialverteilung. Insbesondere ist die Wartezeit auf den ersten Erfolg geometrisch verteilt.