Beamtendeutsch & Verwaltungssprache

! Im Wörterbuch: Amtsdeutsch Verwaltungssprache Papierdeutsch Behördensprache Behördendeutsch behördensprachlich Beamtendeutsch

INHALTSVERZEICHNIS

1. Definition: Verwaltungssprache

Mit Verwaltungssprache oder Behördensprache ist die Amtssprache gemeint, die in Ämtern und Verwaltungen auf der ganzen Welt in schriftlicher und mündlicher Form verwendet wird. In Deutschland ist die Verwaltungssprache bspw. Deutsch.

Darüber hinaus wird mit Verwaltungssprache auch jene Sprache bezeichnet, die im Schriftverkehr in Behörden und Verwaltungen in Deutschland verwendet wird. In diesem Zusammenhang ist auch umgangssprachlich von Beamtendeutsch, Amtsdeutsch oder Behördendeutsch die Rede. Der Duden bezeichnet sie auch als Papierdeutsch.

2. Bedeutung der Verwaltungssprache

Die Verwaltungssprache hat eine wichtige Bedeutung für den öffentlichen Sektor und die Verwaltung von Staat und Gesellschaft. Es ist eine präzise und formale Sprache, die dafür sorgt, dass rechtliche und administrative Prozesse korrekt und einheitlich ausgeführt werden. Die Sprache soll eine klare und eindeutige Kommunikation zwischen Behörden und Bürgern ermöglichen, um Missverständnisse und Fehler zu vermeiden.

Für die Interoperabilität zwischen verschiedenen Verwaltungen und Behörden ist die Verwaltungssprache ebenfalls von großer Bedeutung, da durch die Verwendung einer einheitlichen Sprache die Kommunikation und der Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Stellen effizienter und effektiver gestaltet werden kann.

3. Merkmale vom Beamtendeutsch

Beamtendeutsch gilt als überaus förmliche Ausdrucksweise und versucht weitestgehend auf Fremdwörter zu verzichten. Der Stil dieser Sprache ist sehr genau und kompakt und orientiert an der Juristensprache. Hier werden Begriffe und auch Definitionen aus Verordnungen und Gesetzen wortwörtlich übernommen. Darüber hinaus gibt es folgende weitere Merkmale:

  • Fugen-S: Ein sehr markantes Merkmal ist das Weglassen des Fugen-S. So spricht - beziehungsweise schreibt - man von der "Körperschaftsteuer" und nicht von der "Körperschaftssteuer".
  • Füllwörter: Im Beamtendeutsch werden häufig Füllwörter verwendet, die den Text unnötig aufblähen.
  • Schachtelsätze: Beamtendeutsch ist geprägt von Schachtelsätzen (kompliziert gebaute Sätze mit mehr als einem Nebensatz, die teilweise durch zahlreiche Kommata getrennt sind).
  • Lange, zusammengesetzte Wörter: Lange Wörter machen behördensprachliche Texte schwer verständlich. Beispiel: Personenvereinzelungsanlage statt Drehkreuz
  • Passive Sprache: Die häufige Verwendung von Passivsätzen schränkt die Verständlichkeit von Behördensprache ein. Die Folge ist eine unpersönliche Sprache, die durch Satzkonstruktionen ohne ein handelndes Subjekt gekennzeichnet ist. Hierbei wird lediglich beschrieben was passiert, nicht aber wer dafür verantwortlich ist.
  • Viele Substantive: Der übermäßige Einsatz von Substantivierungen (meist von Verben) erschwert das Lesen und Verstehen der Behördensprache, da der sogenannte Nominalstil Sätze sperrig und abstrakt macht. Beispiel: "zur Anzeige bringen" statt "anzeigen"

4. Verwaltungssprache Beispielsätze

Die Verwaltungssprache liefert häufig schwer verständliche Satzkonstrukte, wie das folgende Beispiel zeigt:

Schlecht Besser
Abschließend werden Sie noch einmal auf die Erfordernisse einer fristgemäßen Überweisung der angegebenen Summe vom festgestellten Erstattungsbetrag hingewiesen. Bei Nachfragen wird auf die Möglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme unter der Telefonnummer ... hingewiesen. Erforderlichenfalls ist auch eine postalische Übersendung Ihrer Anfrage an ... möglich. Abschließend möchten wir uns für die fristgemäße Überweisung der angegebenen Summe bedanken. Sollten Sie noch Fragen haben, erreichen Sie uns telefonisch unter ... oder auf dem Postweg über folgende Adresse...

6. Lösungsansätze

Die Verwendung von klaren und einfachen Formulierungen wird zunehmend gefordert und gefördert. Sie soll die Barrierefreiheit von Informationen und Dienstleistungen für alle Bürgerinnen und Bürger erhöhen und eine möglichst bürgernahe Verwaltungssprache schaffen. In den letzten Jahren haben sich daher bereits viele Organisationen und Behörden bemüht, ihre Sprache zu vereinfachen und zugänglicher zu machen.
Eine Möglichkeit hierfür ist die Einführung von Leichter Sprache, die speziell für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geringen Deutschkenntnissen entwickelt wurde. Leichte Sprache zeichnet sich u.a. aus durch:

  • das Erklären von Fach- und Fremdwörtern
  • das Schreiben von zusammengesetzten Hauptwörtern mit einem Bindestrich
  • die Nutzung von ausschließlich bekannten Abkürzungen
  • die Verwendung von möglichst kurzen Sätzen
  • das Nutzen von maximal einer Aussage pro Satz
  • das Vermeiden von Nebensätzen
  • die Nutzung des Dativs anstelle des Genitivs
  • die Vermeidung des Konjunktivs
  • das Vorziehen des Aktivs anstelle des Passivs
  • das klare Strukturieren von Texten mithilfe von Absätzen, Überschriften, Bildern sowie leserlicher und ausreichend großer Schrift

Die Verwendung von Leichter Sprache oder anderen vereinfachten Formulierungen kann dazu beitragen, die Verständlichkeit und Zugänglichkeit von öffentlichen Informationen und Dienstleistungen zu erhöhen und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an demokratischen Prozessen zu fördern.
Weitere Lösungsansätze liefert das Arbeitshandbuch vom Bundesverwaltungsamt.

7. Ursprung und Geschichte der Verwaltungssprache

Die Verwaltungssprache hat ihren Ursprung in der Zeit des Absolutismus im 16. Jahrhundert. Zu dieser Zeit waren die Verwaltung und die Rechtsprechung in den Händen der Monarchen oder des Adels konzentriert, was zu einer notwendigen Formalisierung und Standardisierung der Sprache führte, um rechtliche und administrative Prozesse korrekt zu dokumentieren und auszuführen.

Im Laufe der Zeit wurde die Verwaltungssprache immer komplexer und umfassender, da die Verwaltung und die staatlichen Strukturen wuchsen und sich veränderten. Die Sprache wurde zunehmend durch eine hohe Anzahl von Fachbegriffen und abstraktem Vokabular geprägt, um eine präzise und einheitliche Kommunikation zwischen den verschiedenen Stellen und Behörden zu gewährleisten.

Mit der Entstehung moderner Staaten und der Demokratisierung der Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert hat sich die Verwaltungssprache weiterentwickelt und verändert. Die Sprache wurde zunehmend durch die Notwendigkeit geprägt, die Verwaltung transparenter und zugänglicher zu gestalten und die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger zu fördern.

In den letzten Jahren haben viele Behörden und Organisationen begonnen, ihre Sprache zu vereinfachen und zugänglicher zu machen, um die Verständlichkeit von öffentlichen Informationen und Dienstleistungen zu erhöhen und eine größere Transparenz und Partizipation in der Gesellschaft zu ermöglichen.

8. Beamtendeutsch Wörterbuch

8.1 Verwaltungssprachliche Begriffe

8.2 Liste mit Begriffen aus dem Beamtendeutsch

Über den Autor
Silvan Maaß ist Diplom-Kommunikationswirt (dab) sowie Mitbegründer der Sprachnudel, wodurch er sich seit über 17 Jahren beinahe täglich mit angewandter Linguistik und Wortschatzentwicklung beschäftigt. Die Lebendigkeit der Sprache hat es ihm besonders angetan. Daher interessiert er sich insbesondere für Themenfelder der Linguistikforschung wie bspw. Okkasionalismen und Neologismen.