Dialekt
In der heutigen Zeit sprechen viele Menschen in ihrer Muttersprache, die nicht dem Standarddeutschen entspricht, sondern einem Dialekt. Erst in der Schule wird den Kindern das Hochdeutsch beigebracht.
Inzwischen haben sich die Unterschiede zwischen vielen Bewohnern Süddeutschland und Norddeutschlands so weit ausgeprägt, dass sie untereinander, außer einigen Zischlauten und Gemurmel, kaum noch etwas verstehen. In der jeweils eigenen Ursprache kann sich beispielsweise ein Fischer aus Stralsund nicht mit einem Winzer vom Kaiserstuhl unterhalten. Doch was genau bedeutet es, im Dialekt zu reden? Im Folgenden findest du nähere Erläuterungen zu den Themen Dialekte, Akzente und der Standardsprache, die dir Antworten auf viele Fragen liefern.
INHALTSVERZEICHNIS
- Definition: Was ist ein Dialekt?
- Dialakt und Mundart - ein kurzer Rückblick
- Dialekte in Deutschland
- Die Entstehungsgeschichte der deutschen Dialekte
- Abgrenzungen
1. Definition: Was ist ein Dialekt?
Der Begriff "Dialekt" stammt vom Lateinischen "dialectus" bzw."dialectos" sowie dem Altgriechischen "diálektos", was übersetzt "Dialekt, Mundart" bedeutet.
2. Dialakt und Mundart - ein kurzer Rückblick
Wie wir bereits erfahren haben, stammt der Begriff "Dialekt" aus dem Lateinischen. Die lateinische Sprache war bis zum Ende des Mittelalters (1520) den Klerikern, Humanisten und Professoren vorbehalten. Innerhalb des Volkes war der Dialekt Gang und Gebe. Er war in jedem Ort und jeder Region verschieden. Erst zur Zeit von Luther (1483 - 1546) und der einheitlichen Bibelübersetzung (1534) traten die Unterschiede zwischen Dialektsprechern hervor. Dabei stellte sich Luther die Frage, in welcher Sprache die Bibel zu übersetzen sei, damit sie jeder verstand. Diese Überlegung war auch im Interesse der Buchdrucker, die aufgrund finanzieller Engpässe eine einheitliche Bibelübersetzung bevorzugten.
In Deutschland stieß der Begriff zu Zeiten der Machtergreifung im Jahr 1933 durch die Nationalsozialisten auf Missfallen, da es sich um ein lateinisches Lehnwort handelt, weshalb fortan nur noch von "Mundart" gesprochen wurde. Diese Bezeichnung assoziierten die Nazis als Symbol einer "echten Volkshaftigkeit", da man sie eher mit der eigenen Heimat verbinden konnte.
Heutzutage spricht man aber kaum noch von "Mundart. Man kehrte nach dem 2. Weltkrieg zum Begriff "Dialekt" zurück, um die eigene Redensart besser charakterisieren zu können. Auch innerhalb der Sprachwissenschaft setzte sich "Dialekt" als Fachbegriff durch.
3. Dialekte in Deutschland
Dialekt wird deutlich häufiger auf dem Land als in der Großstadt gesprochen. Generell gilt, je kleiner der Wohnort, desto größer ist der Anteil der Dialektsprecher. Dabei sind Dialekte in allen Schichten zu finden, da sie keinem Bildungsniveau vorbehalten sind.
In ganz Deutschland existieren unterschiedliche Mundarten, die zahlreiche Eigenarten aufweisen. So werden manche Dialekte über einen großen Raum hinweg gesprochen. Andere hingegen existieren lediglich in wenigen Dörfern. Als Besonderheit gilt: selbst regionale Dialekte können ganz verschiedene Ausprägungen haben, weshalb Friesisch beispielsweise nicht gleich Friesisch ist. Gleiche Sätze können nämlich vollkommen anders ausgesprochen werden. Dennoch ist eine Verständigung untereinander meist möglich.
Mittlerweile verlieren aber immer mehr Dialekte im Alltag an Bedeutung, denn seit der Einführung des Rundfunks nimmt die gesprochene Standardsprache - also das Hochdeutsch - und nicht länger die dialektal gefärbte Sprache immer mehr zu.
Zudem wird in Schulen überall die Standardsprache unterrichtet. Dennoch ist es falsch anzunehmen, dass die einzelnen Dialekte im 21. Jahrhundert bereits vom Aussterben bedroht sind.
Als schönster Dialekt gilt übrigens Bayrisch, gefolgt von Plattdeutsch und Kölsch. Am unbeliebtesten ist Sächsisch. Das ergab eine Umfrage im Jahr 2015, erhoben von Statista.
Obwohl Dialekte im Alltag immer mehr verdrängt werden, existieren noch immer zahlreiche Regionen, in denen Mundart gesprochen wird. Laut dem Institut für Deutsche Sprache (IDS) weist das Saarland den größten Anteil an Dialektsprechern auf. Danach folgen Baden-Württemberg und Bayern. Die wenigsten Dialektsprecher gibt es in Brandenburg.
3.1 Gliederung der Dialekte der deutschen Sprache
Die deutsche Sprache lässt sich in mitteldeutsche, oberdeutsche und niederdeutsche Dialekte unterteilen. Innerhalb dieser Einteilung lassen sich die Dialekte noch feiner diversifizieren, wie die folgende Liste zeigt.
- Deutsche Dialekte
- Mitteldeutsche Dialekte
- Oberdeutsche Dialekte
- Westoberdeutsche Dialekte (Alemannisch)
- Ostoberdeutsche Dialekte
- Niederdeutsche Dialekte
- Nordniederdeutsch (Nordniedersächsisch)
- Holsteinisch (Plattdeutsch)
- Nordfriesisch (Plattdeutsch)
- Oldenburgisch (Plattdeutsch)
- Ostfriesisch (Plattdeutsch)
- Schleswigisch (Plattdeutsch)
- Unter-Emsisch (Plattdeutsch)
- Unterelbisch (Plattdeutsch)
- Westniederdeutsch (Niedersächsisch)
- Ostfälisch (Plattdeutsch)
- Westfälisch (Plattdeutsch)
- Ostniederdeutsch
- Berlinerisch
- Märkisch-Brandenburgisch
- Mecklenburgisch - Vorpommersch
- Nordniederdeutsch (Nordniedersächsisch)
Anmerkung: Die Gliederung ist ein Versuch, die deutschen Dialekte möglichst überschaubar einzuteilen. Daher handelt es sich auch um eine "grobe" Einteilung. Eine Einteilung aller Dialekte samt Untergruppen würde schlicht den Rahmen einer übersichtlichen Darstellung sprengen. Deshalb dienen die hierin verlinkten Dialekte auch eher dazu, ein Gefühl für die in der jeweiligen Region gesprochene Mundart zu bekommen. Einzelne Regionen weisen teilweise nämlich noch etliche regionale Varianten auf.
Darüber hinaus sind noch folgende Dialekte zu nennen: das Schweizerdeutsch (ein alemannischer Dialekt, der in der Deutschschweiz gesprochenen wird) sowie österreichisches Deutsch.
4. Die Entstehungsgeschichte der deutschen Dialekte
Sprachgeschichtlich gesehen existierten im germanischen Sprachraum seit jeher Dialekte. Bereits früh bildeten einzelne germanische Stämme ihre lokalen Unterschiede heraus. Dabei spielte die sogenannte "erste Lautverschiebung" (auch "germanische Lautverschiebung" genannt) eine enorme Rolle. Die frühen germanischen Sprachen, darunter fallen das Altnordische, das Altenglische, das Gotische und das Altsächsische, diversifizierten sich hierbei von den sogenannten indogermanischen Sprachen. Aus den Verschlusslauten b, d und g (lenis) wurden p, t, k (fortis). Bh, dh und gh wurden zu b, d und g (lenis). Dieser Zeitraum lässt sich allerdings nur schwer rekonstruieren, da es nur wenige schriftliche Dokumente gibt. Es wird angenommen, dass die erste Lautverschiebung gegen 1200 v.Chr. begann und gegen 300 v.Chr. abgeschlossen war.
Zwischen den Jahrhunderten 600 bis 800 kam es zur zweiten Lautverschiebung, die auch als "hochdeutsche Lautverschiebung" bezeichnet wird. Dabei wurden die Regionalsprachen in niederdeutsche und hochdeutsche Sprachgruppen aufgeteilt. In Mitteldeutschland und im Süden beeinflusste diese Aufteilung mitteldeutsche und oberdeutsche Dialekte. Fortan galten diese als "hochdeutsche Dialekte".
Im Norden hingegen wurde die Lautverschiebung nicht vollzogen. Dialekte aus dieser Region werden seitdem als Niederdeutsch bezeichnet.
Von der Zweiten Lautverschiebung waren insbesondere die Konsonanten p, t und k betroffen. Dabei wurde das p zu einem pf bzw. einem f, sodas sich bspw. das Wort "Appel" durch die Lautverschiebung in "Apfel" umwandelte. Der Konsonant t wandelte sich zu z und s um.
Bis heute sagen die Menschen im Norden noch "wat", "dat" und "Water". Im Süden und der Mitte hingegen nutzen sie die Worte "was", "das" und "Wasser".
Die Zweite Lautverschiebung schuf somit im Großen und Ganzen eine dialektale Grenze. Dabei gliederte sie den germanischen Sprachraum in Süd und Nord und in Hochdeutsch und Niederdeutsch und unterteile die hochdeutschen Sprachsysteme in oberdeutsche und mitteldeutsche Dialekte. Bis zum Ende des Mittelalters (1520) wurde die Vokalveränderung der oberdeutschen Dialekte aber nicht vollzogen, weshalb sie sich seitdem abgrenzen.
Dahingegen veränderten sich in den mitteldeutschen Sprachgruppen die sogenannten Einlaute (Monophthonge) i, u und ü zu den Diphthongen ei, au und eu. Aus dem Satz "Min nü hus." wurde dadurch "Mein neues Haus.".
5. Abgrenzungen
5.1 Ist ein Dialekt eine eigene Sprache?
Um diese Frage zu beantworten, muss man vorweg definieren, was man unter einer Sprache und einem Dialekt überhaupt versteht. Den Begriff Dialekt haben wir ja bereits ganz am Anfang definiert. Doch was ist nun eigentlich unter "Sprache" zu verstehen? Fragst man Wissenschaftler, wird man häufig zu hören bekommen, dass eine Sprache dann eine Sprache ist, wenn sie völlig anders ist als eine andere Sprache. Ist dies so, verstehen sich die Sprecher zweier Sprachen nicht. Niemand wird daher widersprechen, wenn behauptet wird: Deutsch und Spanisch mit ihren verschiedenen Wörtern und den getrennten grammatikalischen Regeln sind zwei vollkommen unterschiedliche Sprachen.
Außerdem ist eine Sprache dann eine Sprache, wenn sie als ausgebaut gilt - es also Wörter- und Grammatikbücher für sie gibt und sie eine standardisierte Schriftsprache aufweist.
Jetzt wissen wir also, was eine Sprache und ein Dialekt sind. Leider gibt es bislang keine anerkannte Definition für eine klare Abgrenzung. Sprachen und Dialekte sind schlichtweg zu komplex, weshalb sie sich nicht immer klar mit Hilfe von Regelwerken unterscheiden lassen.
Dennoch lässt sich die Eingangsfrage beantworten: Ein Dialekt ist KEINE Sprache, weil er lediglich in der gesprochenen Sprache existiert. In Deutschland lernt man in der Schule bspw. Hochdeutsch und nicht Dialekt!
5.2 Was ist der Unterschied zwischen einem Dialekt und der Standardsprache?
Dialekte haben sich aus den Sprachen der sogenannten germanischen Stammesverbände herausgebildet. Im Gegensatz zur Standardsprache sind Dialekte regional begrenzt und finden überwiegend nur im Mündlichen Verwendung. Des Weiteren unterscheidet sich die Standardsprache von einem Dialekt im Wortschatz, der Aussprache und den grammatikalischen Besonderheiten.
5.3 Was ist der Unterschied zwischen Akzent und Dialekt?
Ein Dialekt kann leicht mit einem Akzent verwechselt werden. Dabei ist der Unterschied gar nicht so schwer nachzuvollziehen. Denn ein Akzent bezieht sich auf die Gewohnheiten der Aussprache in der eigenen Muttersprache, die jedoch einem anderen Land zuzuordnen sind.
Ein französischer Muttersprachler spricht das Deutsch oftmals mit einem französischen Akzent. Das bedeutet, er spricht die deutschen Worte so aus, als würde er in seiner eigenen Muttersprache reden. Die Deutschen hingegen sind bekannt dafür, einen starken Akzent zu besitzen, wenn sie Englisch reden, was vor allem daran liegt, dass einige Laute, wie das englische [th], nicht in der deutschen Sprache vorkommen. Dies hat allerdings nichts mit den standardisierten Dialekten eines bestimmten Ortes bzw. einer Region zu tun.

Über den Autor
Silvan Maaß ist Diplom-Kommunikationswirt (dab) sowie Mitbegründer der Sprachnudel, wodurch er sich seit über 17 Jahren beinahe täglich mit angewandter Linguistik und Wortschatzentwicklung beschäftigt. Die Lebendigkeit der Sprache hat es ihm besonders angetan. Daher interessiert er sich insbesondere für Themenfelder der Linguistikforschung wie bspw. Okkasionalismen und Neologismen.

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